Ab 11h30 gibt es die Startnummern, um 11h20 treffe ich nach 4-stündiger Fahrt am Kleinen Brombachsee am Ortsrand von Absberg ein.
Schneematsch und Schnee am Boden des großen Parkplatzes, +1°C, dicke Bewölkung. Der herzliche Veranstalter freut sich über jeden Neuankömmling, denn von 200 angemeldeten Personen haben sehr viele verschoben, nur 41 erscheinen zum Start.
Nasse Füsse habe ich schon, kaum, dass ich aus dem Auto ausgestiegen bin. Das wollte ich eigentlich vermeiden. Umziehen dürfen wir uns im 2G-Tipi des Camps. Der zentrale Ofen ist mehr ein Zeichen guten Willens, als dass er nennenswert heizt. Besser als draußen ist aber aber allemal.
Ganz wichtig: Wir dürfen unsere Wechselkleidung im Tipi deponieren.
Briefing: Michael Snehotta erklärt uns die Strecke: es wird immer wieder Schneematsch geben, pro Runde einen 200m langen Anstieg, der Kleine Brombachsee muss immer links von uns sein und auf dem Damm herrschen Minusgrade. Und Wind, der war vor zwei Jahren aber schlimmer.
Franz Schwengler kenne ich bereits, das ist der „Planet-marathon.de“ aus Nürnberg, der hatte also nicht weit zum Start. Während fast alle lang/lang laufen, Haube und auch Handschuhe anhaben, erscheint ein etwa 20-jähriger Bursche mit Stehfrisur in kurzem Leiberl und kurzer Hose, sonst nur mit Schuhe an den Füßen! Wie vor zwei Jahren bereits, sagt er. Ich bin im Dezember auch schon Marathons kurz/kurz gelaufen, das allerdings durch das weihnachtlich geschmückte Málaga bei 20°C im Ziel.
Countdown! Als es losgeht ist mir schon kalt, meine Knöchel und Zehen gefroren. Es dauert ein paar Schritte, bis ich rund laufe. Unten am Uferradweg ist es dann griffig, der Wind bläst von vorne. Ich brauche gut 10min, bis ich meinen Temperaturhaushalt geregelt habe, dann passt es. Auf einer Brücke liegt Schnee, drüben schon nicht mehr. Wir folgen dem Seeufer. Ein Stück durch den Wald, vorbei an einem Vogelschutzgebiet, wir passieren einen erstarrten Campingplatz, unbenutzte Spielplätze, Radfahrer sind unterwegs und einige Leute auf Verdauungsspaziergang, denn der Start war pünktlich um 13h. Kurvig geht es dahin, wir passieren ein Lager wo man im Sommer Kite-Surfen lernen kann. Links weg, zeigt uns ein Schild. Die km-Schilder sehe ich erst nach und nach, denn weiße Schilder mit schwarzer Schrift sind im schneegefleckten Wald gut getarnt. Beim 5km-Schild biegen wir im rechten Winkel links ab. Vor uns ein 1,1km langer Damm der den Kleinen Brombachsee vom Großen Brombachsee trennt.
Kaum sind wir vom Ufer weg zieht es erbärmlich von links hinten. Die Dammkrone ist etwa 4m breit, Platz genug ist also. Gegen Ende des Damms, bei km6, stehen da etwa 12 Leute, alle mit großem Teleskop auf Stativ, oder sind es Kameras mit Teleobjektiv in Tarnfarbe? Die wollen wohl Wasservögel erspähen, die Blicke der Vogelkundler sind jedenfalls über die Wasseroberfläche gerichtet.
Ein kurzes Schneematschintermezzo, bevor es auf ordentlichem Asphalt weitergeht. Hier ist der einzige Streckenabschnitt, wo auf wenigen 100m auch Autos fahren dürfen. Als die Straße den Hang hinauf führt, biegt der großzügig breite Radweg links ab. Die meisten Radfahrer, die mich überholen, tragen hinten mittig eine Schlammspur wie einen breiten Mittelscheitel, beginnend beim Hintern bis hinauf auf den Hinterkopf.
Dafür muss man keine schweren Kotflügel mitführen!
Km7, ich warte auf den angekündigten Anstieg. Der kommt auch bald: Ein Streckenposten zeigt uns, wo es zackig rauf geht. Wir verlassen das Seeufer. Oben angekommen liegt Schnee, auf dem wir nun auf leichtem Gefülle durch einen Park laufen, km8. Noch 400m, dann ist die erste Runde komplett. Am Eingang zum „San Shine Camp“ hat sich der gut gelaunte Veranstalter postiert, zwei überdimensionale Playmobil-Figuren begrüßen uns im Camp.
Vorbei an den Holzbuden, im Lager brennt Lagerfeuer und es gibt Tee, Iso, freundliche Worte, Wasser und Nürnberger Lebkuchen. Ich fülle meine Poweradeflasche auf und mache mich auf die zweite Runde. 55min bis hierher. Beim Rauslaufen aus dem Camp wird meine Startnummer erfasst. Raus und wieder hinunter zum See.
Die zweite Runde fühlt sich ganz ähnlich an, nur, dass mir ab km5 (=13,4km) furchtbar kalt ist und nach km6, kurz nach dem Ende des Damms, ich erstmals überrundet werde. Kalt ist mir am Oberkörper. Der Kopf, Hals, Beine, Füsse, Hände... alles gut.
Ich gehe davon aus, mich beim Anstieg wieder zu erwärmen, was aber nicht klappt.
Da die Labestelle unmittelbar vor dem Tipi postiert ist und ich dort drinnen meine Tasche habe, laufe ich ab der dritten Runde mit einem fünften Leiberl am Oberkörper, zwei davon Langarm.
Immer noch sind Spaziergänger und Radfahrer unterwegs. Nicht besonders viele, aber doch einige, sodass es nicht ganz so einsam ist.
Da es im Verlauf der vierten Runde dunkel werden wird – etwas später als in OÖ – habe ich in Streckennähe mein Auto abgestellt, mit der Stirnlampe darin. Dachte ich, mein Auto parkt nämlich dort, wo die Strecke den See verlassen hat, sodass ich zu Beginn der vierten Runde einen Umweg machen muss, um meine Stirnlampe aus dem Auto zu angeln.
Aber wie sagte der Veranstalter? Das ist keine Strecke für einen Rekord! Und wenn man jemanden am Boden liegen sieht, bitte helfen und melden und nicht denken: Super, ein Konkurrent weniger :-)
Da es nicht viele Teilnehmer sind, werde ich auch nicht so oft überholt. Einmal flitzt der junge Bursch im Sommeroutfit an mir vorbei. Der muss natürlich hochtourig laufen, damit er schön Wärme erzeugt.
Ab Mitte der vierten Runde nehme ich die Lampe in Betrieb, mehr um gesehen zu werden, als um zu sehen. Heikel ist nur, dass mit der fallenden Temperatur hin und wieder eisige Stellen auftauchen, die vorher nur nass waren. Als ich meine vierte Runde beende, ist im Camp viel los, die Siegerehrungen sind bereits im Gange, ich muss aber nochmals hinaus in die Dunkelheit. Nicht so arg, weite Strecken des Kurses weisen eine Straßenbeleuchtung auf. Nach km2 (≈ km36) sehe ich dann eine Stirnlampe vor mir.
Es ist Nr. 23 im Gehmodus.
„Wie geht‘s? Letzte Runde?“, frage ich ihn. „Ja, gut. Aber plötzlich war mein Akku leer!“
„Ja, das kenne ich, die Akkus waren früher besser!“
In der vierten und in der letzten Runde ist es auf dem Damm nicht mehr so scheußlich, kein Wind mehr dort. Der Schneematsch am Ende knirscht nun, wenn man draufsteigt. Nun leuchtet mir der Halbmond, wegen des Schnees ist es sogar halbwegs hell, die Lampe ist da gar nicht mehr notwendig. Beim letzten Anstieg drehe ich mich um. Da hinten sehe ich einen kleinen Scheinwerfer. Ich denke, ich werde vor Nr. 23 im Ziel sein. Absolut ruhig ist es oben im verschneiten Park, nur meine Schritte sind zu hören.
Als ich ins Camp einlaufe ist es in erster Linie dunkel und still. Alle, die vor mir im Ziel waren, und das sind fast alle, sind schon weg. Dann sehen mich der Veranstalter und die junge Dame von der Labestelle, ich bekomme Applaus und laufe durch bis zur Ziellinie, wo ich meine Startnummer 2 abgebe. Mir wird gratuliert, Michael hängt mir meine Erinnerungsmedaille am schwarz-rot-goldenen-Band um.
Gegen Ende ist man über jeden Zielankömmling froh, das heißt nämlich, man muss nicht nach ihm suchen.
Ich will natürlich schnell aus den verschwitzten Klamotten raus. Kurz bevor ich das Tipi erreiche, erreicht die Nr. 23 das Ziel, laut rufend „Nr. 23, Nr. 23!“ Da sind noch keine 5h30 vergangen.
Während Nr. 23 in der Nähe ein Hotelzimmer hat, wartet auf mich eine 4-stündige Autofahrt über Schwabach, Neumarkt i.d.Opf., Regensburg, Passau und weiter durch das Donautal. Sehr schön!
Billig tanken in Aschach und noch vor 23 Uhr bin ich wieder in Linz. Evi hat mir eine süße „216“ gebacken und eine warme Suppe kriege ich auch noch. Aber vorher wird geduscht! Denn wegen der Corona-Vorschriften durfte man das im Camp nicht.
Startgeld € 57,-
5 Runden à 8,4km
200 angemeldet, nur 41 gestartet, zum Teil auf 3/5, mehrere DNF.
Zielschluss nach 6 Std – da waren aber schon alle im Ziel.
Weitere Informationen und Fotos vom X-Mas Marathon
Alle Fotos von Herbert Orlinger
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