Letztes Jahr wurden pandemiebedingt relativ kurzfristig fast alle Marathonherbstklassiker in Italien, darunter Florenz, Reggio Emilia und Ravenna, zu denen ich mich angemeldet hatte, abgesagt.

Wer wollte, konnte optional ohne Aufzahlung seinen bezahlten Startplatz für den Lauf in der Mosaikstadt auf 2021 transferieren. Das habe ich zunächst nur pro forma vorgenommen, nun aber mangels an Alternativen in Zeiten wieder steigender Inzidenzen mit all den Restriktionen bei Auslandsreisen konkret für die 22. Ausgabe des Ravenna Marathons am 14. November auch de facto wahrgenommen.

Vorbemerkungen und Anreise

TDS (Timing Data Services) hat mich mittlerweile höflich aufgefordert, meine Runcard, sozusagen der formale Zutritt zu Laufveranstaltungen in Italien, wieder um ein Jahr (Kosten für das „renovare“: 14 Euro) zu verlängern und zudem das benötigte medizinische Attest (inzwischen ein mehrstufiger und daher aufwendiger medizinischer Check, den ein Internist oder Sportarzt mit Laborzuteilung ausstellen kann) nachzureichen – das ich heuer allerdings schon zweimal (für den Brescia und Rom Marathon übermittelt habe).

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Nun sitze ich im Railjet nach Venezia Mestre, der – falls er pünktlich ankommt, mir nur 10 Minuten Umsteigezeit einräumt, um in den Regionalzug nach Bologna und dann nach 1 ½ h weiter nach Ravenna zu wechseln.  Die Anreise wird mehr als 10 Stunden dauern, alternativ hätte ich einen Flug nach Bologna nehmen können,  doch eine Zugfahrt hat auch ihren Reiz, wenn man es sich alleine auf einen Vierersitz mit Tisch bequem machen kann. Ich nutze die Gelegenheit und transportiere im Zug zudem in einem Einkaufs Trolley allerlei Eingekochtes (Marmelade, Fruchtsäfte und Bioäpfel) für meine mich am Bahnhof in Villach erwartende Schwester mit – übrigens war heuer ein sehr gutes Ertragsjahr für Kernobstgewächse.

Ich lese gerade eine globale Informationsaussendung per Mail vom Veranstalter, der attached einen Guida del Runner an die Teilnehmer des Ravenna Marathon  versendet hat. Die Italiener lieben das Imposante, in der Sprache wird oft bildhaft  formuliert, vielleicht auch übertrieben, wenn man liest: „Torna a vivere le emozioni di un grande evento“ (zurück um die Emotionen eines großartigen Ereignisses zu erleben).   

Nach 2011 (4:34:50), 2013 (4:39:59) und 2017 (4:49:17) ist das nun schon meine vierte Teilnahme – sieht man vom Marathon einmal ab, so trifft der Besucher im Stadtkern von Ravenna auf zahlreiche bedeutende historische Bauwerke, die auf die west- und oströmische Kaiserzeit zurückgehen.  Acht Gebäude aus dem 5. und 6. Jahrhundert n. Chr. wurden 1996 ins UNESCO Weltkulturerbe aufgenommen, nämlich die Kirche San Vitale (6. Jh. n. Chr.), das Mausoleum der Galla Placidia (5. Jh.), die ehemalige arianische Hofkirche Kaiser Theoderichs, nämlich Sant’Apollinare Nuovo (6.Jh.), das daneben liegende Mausoleum des Theoderich,  das Baptisterium der Arianer (6. Jh.), die Erzbischöfliche Kapelle (6. Jh.),  auch Oratorium des hl. Andreas genannt und außerhalb von Ravenna in Classe die Kirche Sant’Apollinare (6.Jh). 

 

In früheren Jahren – soweit ich mich erinnern kann– führte der Marathonkurs stets daran vorbei. Heuer scheint die Laufstrecke am Beginn des Marathons etwas modifiziert zu sein, doch damit werde ich mich heute Abend nach dem Besuch der Expo beschäftigen. Erwähnen sollte ich, dass die Hotelpreise für das Marathonwochenende  extrem angezogen wurden, 14 Tage vor dem Event konnte man in der Altstadt nur mehr Zimmer ab 300 Euro für 2 Nächte bekommen – das in relativ einfachen Mitteklassehotels. Nicht nur große Citymarathons  schaffen so eine beachtliche Umwegrentabilität, dagegen ist nichts einzuwenden. Alles hat eben seinen Preis – in osteuropäischen Ländern übrigens bekommen Starter über 60 Jahre oft einen Rabatt bei der Teilnahmegebühr von 50 Prozent und dürfen in Turnsälen von Schulen mittels mitgebrachten Schlafsäcken gratis übernachten.

Abholung der Startunterlagen auf der Expo

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Um 17:30 Uhr checke ich im ca.500 m vom Bahnhof entfernten Hotel Byron ein, anschließend gehe ich denselben Weg zurück , durchquere die Unterführung und werde beim Hinaufgehen Zeuge einer Demo gegen Coronabeschränkungen, die von massiven Polizeieinsatz kontrolliert wird. So euphorisch die Organisatoren die  Renaissance des Marathons ankündigen „Siamo pronti a tonare a vivere pienamente la nostra quotidianita“ („wir sind bereit zu unseren täglichen Leben zurückzukehren“), so wohl coronabedingt „mickrig“ ist die Expo dann. Kaum Verkaufsstände – ich wollte mir Enervit Gels besorgen, die ich in Wien nicht bekomme, nur 2 oder 3 Marathonbewerber und das alles auf weniger als 200m2. Heraus sticht am ehesten der Hauptsponsor Hoka, eine aufstrebende Firma mit Sitz in Kalifornien bzw. London, die den Laufschuh revolutionieren will und vielleicht am besten Wege dazu ist. Eliud Kipchoge lief seinen inoffiziellen Weltrekord 2019 im Prater (1:59:40) aber mit einem Nike-Schuh.

Auch das Startpaket ist für Italien unüblich und daher ungewohnt leer, nur Prospekte, ein Shampoo und nicht wie sonst die obligaten Teigwaren und eine Flasche Wein oder ein Prosecco. Ein Lauf-Shirt  meiner Meinung nach in „schiacher“ Neonfarbe ist inkludiert. Auch dieses wird im Guida, der sich im Startsackerl in einer Printversion befindet, das man als Kleiderbeutel benutzen kann und soll, wie folgt beworben: „Una t-shirt che vuole urlare al mondo „Noi ci siamo! A Ravenna per una festa di sport, amicizia e socialita nel segno di  Dante.““  (Ein T-Shirt, das die Welt aufmerksam machen will: Wir sind hier! In Ravenna zu einem Fest des Sports, der Freundschaft und der Geselligkeit im Namen von Dante). Nach 10 Minuten bin ich wieder draußen und spaziere eine Runde im Darsena Viertel – das an einem Kanal liegt, der zur Adria führt. Am Hoka Verkaufsstand gab es keine Schuhe für mich in Größe 13 zum Probieren, die Italiener haben halt kleinere Füße. Probiert hätte ich den Schuh aber schon gerne, die dicke, gebogene Sohle könnte einen Katapulteffekt haben.

 

Ich spaziere zurück zu meinem Hotel an der Piazza del Populo, wo morgen auch der Marathon gleich am Anfang des Rennes vorbeiführen wird. Hier gibt es auch Cafés und Essenslokale, ich gönne mir einen ruhigen Abend.

Mein Rennverlauf

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In der Nacht hat es kurzfristig stark geregnet, wegen des Marathons hat man das Frühstück auf sieben Uhr vorverlegt. Allerdings ist das ersichtliche Collazione-Angebot so bescheiden wie bei einem 3-Sternhotel selten so erlebt. Das Bedienungspersonal ist wegen des Läufer/innenansturms überfordert, die Coronaregelung sieht nämlich vor, dass die Tische nicht vollbesetzt sein dürfen. So warten gut ein Dutzend Starter/innen vor dem Speiseraum, als ich nach der Konsumation eines Latte macchiato und eines Brioche mit Honigaufstrich mit fast leeren Magen wieder den Raum verlasse.

Bei der Wahl der richtigen Laufkleidung habe ich seit meinem ersten Marathon in Wien im Mai 2001 (und mittlerweile 430 gefinishten Rennen mit einigen Ultraläufen über 50 km in über 70 Ländern) immer schon Probleme gehabt. Diesmal geht es mir nicht anders: Das Langarmshirt als zweite Lage und darüber noch eine Windjacke sollte sich als zu warm erweisen. In der Früh liegt Nebel über der Stadt, es ist nass, der Regen hat für Abkühlung gesorgt. Doch meinem Motto bin ich stets treu geblieben –  lieber wärmer angezogen als u.U. bei einem Wetterumschwung sich zu verkühlen. Bis zur Via di Roma sind es vom Hotel nur 500 m, ich komme an der vom Ostgotenkönig Theoderich errichteten Basilica di Sant´Apollinare Nuovo in der Via di Roma vorbei. Bis zum Start der zweiten Welle (ab 9:15 Uhr ist Zugang zum Block B) wird es noch dauern. Ich sehe mich sozusagen mit knipsbereiter Digicam in alter „Laufreportergewohnheit“ um, seit 2013 habe ich auf der Plattform marathon4you über 130 Marathonberichte erstellt, ich hoffe, dies auf hdsports nun fortsetzen zu können.

Ich stehe unter den Wartenden und sondiere die Pacemaker, vielleicht kann ich heute wieder einmal mit der sub 6h-Gruppe mithalten? Jemand spricht mich von hinten an – es ist der Bernhard „Börni“ Keiler, der mit Herbert Bauer und Karl Alfred Erber an seiner Seite die österr. Fahne beim 22. Ravenna Marathon neben meiner Wenigkeit vertritt. Alle drei sind Mitglieder des 100 Marathon Club Austria, Börni sogar in einer wichtigen Funktion. Nächstes Jahr begeht der Club sein 10. Jubiläum, ich bin gespannt, ob daran ein sportliches Ereignis – vielleicht ein Clubmarathon oder eine Publikation –  gekoppelt werden wird. Börni demnächst und Karl Alfred in Bälde steuern auf den Zweihunderter zu. Ich sollte erwähnen, dass Kollege Erber mich als Parademarathonsammler mit der jeweils  jährlich größten Ausbeute im Zeitraum 2013 bis 2018 abgelöst hat und nun die Statistiken anführt.  Es wird aber noch dauern, bis meine österr. Sammlerbestmarke aus dem Jahr 2013 mit 54 Marathons plus 1 Ultra beim Mozart 100 eingestellt sein wird. Ergänzen und klarstellen sollte ich auch, dass ich aus orthopädischen Gründen (stark abgenutzte Innenknorpel in beiden Knien, inzwischen 3 Meniskus-OPs, eine Bakerzyste u.a.m.) eig. gar nicht mehr schnell laufen, sondern bestenfalls nur mehr traben bzw. einigermaßen schnell gehen (8 bis 8:30 min/km) kann. Ich bin auch nach Ravenna gekommen, weil der Marathon offiziell 6 ½ h offen ist, daher ist das Finish für mich sozusagen „a gmahde Wiesn“  – in dieser Zeitspanne kann man die 42,195 km auch walken.

Zum E-Book Trainingspläne für Läufer und Läuferinnen

Ein Erinnerungsfoto mit den drei Kollegen gehört dazu, ich hoffe, sie auch auf der Strecke zu sehen.  Während Börni (früher ein sub 3h-Läufer) auch mit 63 noch immer für 4:30er-Zeiten gut ist und Herbert Bauer seine Marathons zwischen 5:00 und 5:30 h finisht, könnten heute Karl Alfred Erber und ich am Ende (wieder) zeitlich nahe beieinander liegen – warten wir’s ab.

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Wir (rote Nummer) werden mit den Halbmarathonis (gelb unterlegte Nummer) um ca. 10 Minuten nach der 1. Gruppe ins Rennen gehen. Einige Hundert Läuferinnen und Läufer haben sich vor der Basilika di Santa Maria in Porto (Mitte des 16. Jh.) versammelt und warten auf den Start. Der Martinilauf über 10.5 km ist erst für 9:45 Uhr vorgesehen. Der Start ist auf der Via di Roma, in unmittelbarer Nähe befindet sich auch das Kunstmuseum MAR (Museo md’Arte della Cita di Ravenna). Ich stelle mich 20 m vor die drei österr. Kollegen, um sie gut ins Bild zu bekommen.  Der erste Kilometer führt uns in einer großen Runde nach Osten zunächst um die Giardini Publici, ein großer Park, der auch das Wissenschaftsmuseum beherbergt – 2017 wurden hier die Startnummern ausgegeben – und weiter in die Via Alberoni, auf der wir zurück in die Via di Roma gelangen. Meine drei österr. Kollegen sind davongezogen, ich schaffe nur 8 min/km,  mit diesem „Lauf“-Tempo am Beginn eines Marathons sind die Nachzügler schon gut überschaubar. Aber es gelingt mir doch einige zu überholen, darunter  auch Vito Pierro aus Milano (wie ich M65) und mehr als 1000 Marathons. Voriges Jahr in Pisa hat er mich in Ziel Nähe noch überholt (wir blieben beide unter 6h).

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Der Kurs führt aus der Innenstadt hinaus entlang der Via Rocca Brancaleone beim gleichnamigen Park zur Ponte Teodorico. Kilometerpunkt 2 wird knapp vor dem Anstieg auf eine Brücke zwecks Überquerung der Bahngleise erreicht. Auf der linken Seite der Straße donnern uns die Superschnellen entgegen, die Begegnungszone verläuft bis zur Via Darsena, dann  biegen wir – in unserer Mitte die 6h-Pacer – nach Süden ab.  Der Präsident des Club Supermarathon Italia, Paolo Francesco Gini, walkt den Anstieg, wir begrüßen uns (bin seit ca. 5 Jahren Mitglied im Club). Ich versuche mit der 6 h-Pacer-Gruppe mitzuhalten, auch auf der Via Darsena kann man den Voranliegenden auf der anderen Straße näher dem Kanal wieder zuwinken. In einer längeren Schleife geht es bald auch für uns zurück. Einige Walkerinnen haben sich der Gruppe angeschlossen, Frauen zwischen 30 und 50, die ein flottes Tempo vorlegen. Rund einen Kilometer bewegen wir uns nun auf der Via Antico Squero in östliche Richtung nahe am Kanal voran, dann biegt der Kurs nach links in die Via Montecatini ab. Der Kilometerpunkt  5 wird erreicht, meine GPS-Uhr zeigt eine Zeit über 37 min an, so könnte es weitergehen. Bei der Labestation wird Wasser in Flaschen angeboten. Entlang der Via delle Industrie geht es in den Parco Teodorico, wo auch dessen Mausoleum steht. Die Grablege des ostgotischen Königs Theoderich (6.Jh.) gilt als herausragende Bauleistung der Ostgoten in Italien und ist eine vielbesuchte Touristenattraktion.  Der kurze Verlauf im Park auf sandigem Untergrund bringt es mit sich, dass ich Sandkörnchen in den linken Socken bekomme und abrupt innehalten muss, um einer neuerlichen Reibblase vorzubeugen.  So verliere ich mehr als eine Minute. Schade, denn ich bin drauf und dran gewesen, auf den nur 50 m vor mir liegenden  Herbert Bauer aufzuschließen. Inzwischen sind Hunderte 10.5 km-Martiniläuferinnen und -läufer nachgekommen und sorgen für eine hohe Frequenz – die Marathon-Nachzügler/innengruppe geht in der Masse unter. Bisher haben drei Bands für uns aufgespielt, doch in all den Jahren habe ich nie erlebt, dass ein Läufer stehen geblieben ist, um den Sound aus der Nähe zu hören.

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Der Kurs führt aus dem Park hinaus auf die Brücke und anschließend wieder in die historische Innenstadt zurück. Das Kopfsteinpflaster,  fast in allen italienischen Städten vorhanden, ist meine Sache nicht. In Florenz oder Rom (wo Geld für Instandsetzungsarbeiten fehlt) muss man auch als Tourist beim Gehen sehr aufpassen, nicht in ein Loch zu treten oder sich den Zehennagel wegen Zentimeter vorstehender Steine nicht blutig zu schlagen. Einige Gehwege in Ravenna sind mittig abgeschliffen, daher komme auch ich mit meinen maroden Füßen ganz gut voran. Als wir zum Piazza del Populo kommen, sind die Händler gerade beim Auspacken – um diese Jahreszeit werden hier Schokoladeprodukte in feinster Qualität verkauft. Auch denke ich an das heute Morgen eingenommene Diätfrühstück im Hotel Byron, das wir auf der Via IV Novembre ebenfalls passieren – bis 10 Uhr vormittags ist Collazione. Auf dieser Runde durch die Stadt verläuft der Kurs nun tatsächlich sehr nahe an den Bauwerken, die ins UNESCO-Kulturerbe aufgenommen wurden.  Sie sind im Guida kartografisch eingezeichnet und namentlich erwähnt. Wenn also jemand einen Tag für Sightseeing anhängt, könnte er den Marathonkurs nochmals in der Innenstadt  abgehen und sich mehr Zeit für das antike Ravenna nehmen.

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Es geht durch die Altstadt nach Süden, bald kommen wir zu einer Anzeigetafel, für die Martiniläufer geht es ins Ziel nach links, für die Marathonis und Halbmarathonläufer/innen gerade weiter. Auf der Via Romea kommt es erneut zu Gegenverkehr, Hunderte Halbmarathonis kommen aus südlicher Richtung vom Ort Classe zurück, wohin auch der Marathon führt. Marco Simonazzi holt mich ein, wir kennen uns seit Jahren. Über ein Jahrzehnt bei allen gemeinsam bestrittenen Marathons in Italien war er (ebenfalls M65) immer hinter mir, und jetzt, wo ich eigentlich einen Behindertenausweis für vergünstigtes Parken beantragen könnte, zeigt Marco, was er drauf hat: Gehen und kurze Sprints nach der Galloway-Methode, mit der auch ich noch letztes Jahr relativ locker sub 6 h finishen konnte, eilt er mir davon und sollte mit 5:54 ins Ziel kommen.  Der Anstieg auf die Brücke über den wenig Wasser führenden Fluss Uniti bremst auch Marco, aber bald hat er wieder seinen 50 bis 100 m Vorsprung. Der Halb- und Marathonkurs verläuft auf der Via Romea Sud nach Classe, in der Antike ein Militärhafen an der Küste der Adria befand. Trockenlegung und die Landwirtschaft haben das Meer sozusagen zurückgedrängt.

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Jetzt kommen neben den Läuferinnen und Läufern mit gelben Startnummern auch viele Marathonstarter auf uns zu, die 4:30er-Pacemakergruppe und folgend bis zu den 5h-Finishern – die 6h-Tempomacher befinden sich hinter mir. Börni erblicke ich bei Kilometer 12, Kollege Erber befindet sich nach der Wende in Classe ca. 2 km vor mir. Bei der Labe dort nehme ich ein Gelpäckchen zu mir, die ausreichend für die noch nachkommenden Läufer/innen aufgelegt sind. Die Kirche Sant’Apollinare aus dem zweiten Viertel des 6. Jh., die wir bei der Wende passieren, ist wie die anderen byzantinischen Kirchen Ravennas durch die Wandmosaike in ihrem Innern berühmt.

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Es geht zurück bei bestem Laufwetter, die Sonne ist durchgekommen, das Lüftchen von der Adria aus östlicher Richtung wirkt kühlend. Bei Kilometer 16 treffe ich erneut auf Paolo Gini, unserem Präsidenten. „Grande , Anton!“ schreit er rüber, nun ja, ich hab schon viel bessere Zeiten erlebt. Viele sind nicht mehr hinter mir, vielleicht zwei Dutzend von über 1000 Startern. Auch Vito Vittorio kommt nach, er winkt mir zu. Nach der Brückenüberquerung über den Uniti sind (erst) 18 Kilometer geschafft. Eine flotte Walkerin, die mit gelber Startnummer unterwegs ist, erhöht das Tempo – doch ich will mich nicht mir ihr messen, ich biege nach rechts in östliche Richtung zur Adria ab und werde wohl erst in 3 Stunden im Ziel sein. Nun kommen mir auf der hier beginnenden Viale Europa Dutzende Marathonläufer/innen entgegen, die ca. 20 km voranliegen, inzwischen nach der Wende im Badeort Marina di Ravenna nun ca. 38 km gelaufen sind und eine Zeit zwischen 3:15 und 3:30 erreichen sollten. Ich rücke an die linke Seite der Viale, um die Entgegenkommenden besser  ins Bild zu bekommen. Mit einem Zoomobjekt und Stativ arbeitet beim Ravenna Marathon eine Fotografen-Equipe, die Bilder kann man sich dann bestellen.

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Zwei, drei Läufer liegen in Sichtweite vor mir, ich bemühe mich, zu ihnen aufzuschließen. Herbert Bauer kommt auf mich zu, sein Vorsprung beträgt zu diesem Zeitpunkt – nach einer Wende – weniger als 1 km. Dort hat DTS eine Zeitnehmung aufgebaut, bei 19,5 km liege ich bei 2:40 h. Es geht zurück und für rund 1 k nach Norden weiter – nahe dem Veranstaltungszentrum Pala de Andre ist wieder eine Labe, wo es in Papier verschweißte Kekse und in Behältern abgelegte Rosinen gibt. Zu meiner Überraschung eilen uns nun die zwei verbliebenen 6h-Pacer ohne Anhang im Schlepptau nach. Sie werden jetzt ordentlich Gas geben müssen, um ihr Plansoll noch zu erreichen.

Auf dem Wege hinaus zur Punta Ravenna komme ich mit zwei Clubmitgliedern ins Gespräch, Marcelo und Carla sind wie ich als Walker unterwegs. Ulrich aus Deutschland legt immer wieder kurze Laufeinheiten ein, aber am Ende bleibt auch er hinter mir. Die anschließende Straße, die zum Meer führt, heißt Via destra Canale Molinetto, inmitten der sich am 200 m entfernten, durch Grünland getrennten Canale sinistra sich bewegenden Marathonis erkenne ich auch Börni. Er wird heute wieder eine gute Zeit erreichen, das ist gewiss. Meine Halbmarathonzeit liegt knapp unter 3 h, der leichte Wind vom Meer herein kühlt, aber bremst auch.

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Vom Ortsende von Ravenna nach Punta Marina Terme sind 6 km zurückzulegen, für mich 50 weitere Minuten bis zur Wende bei den Pinien nach Kilometer 30. Hier gibt es wieder Gels – eine vor mir liegende Läuferin/Walkerin hat die Zeitnehmung verpasst, die sich nicht im kürzeren Innenradius der Straße befindet, sondern am Geh- und Radweg.  So kommen wir ins Gespräch und bewegen uns gemeinsam auf der Canale Molinetto sinistra zurück in westliche Richtung, diesmal mit dem Wind im Rücken. Irgendwann kann sie mein Gehtempo von 8:30min/km und darunter nicht mehr halten und fällt nach Km 32 zurück. Ein andere Kollege ist wegen Krämpfen stehen geblieben, ein Rot-Kreuz-Einsatzfahrzeug bleibt stehen und bietet ihm ärztliche Hilfe an. Ein Polizist erteilt mir die Order, auf den Radweg zu wechseln, man würde die Straße wieder für den Verkehr tlw. öffnen. Das wundert mich, denn ich liege definitiv gut in der Zeit bei einer 6 ½ h Marathonöffnung. Endlich komme ich wieder zum Ende der Viale Europa, von hier aus geht es auf etwas abgeändertem Kurs erneut durch einen Teil der Altstadt von Ravenna bis dann bei Kilometer 42 die Via di Roma wieder erreicht wird. Ich blicke mich um, ein paar aus dem Nachzüglerfeld haben aufgeschlossen, aber ich trabe schließlich doch alleine mit 6:10 ins Ziel. Die Medaille weist Korosionsspuren am Metallrahmen auf, ich ersuche um eine andere – aus Kostengründen werden alle Medaillen aus dem abgesagten 2020er-Marathon heuer an die Finisher ausgegeben. Wenn gewisse Metalle bei Feuchtigkeit gelagert werden, kommt es zu Verfärbungen und je nach Material zu Rostspuren. Im Ziel treffe ich auf Kollegen Erber und bitte einen Ordner, von uns ein Belegfoto zu machen. 6 Minuten beträgt sein Vorsprung auf mich, das ist bei unserem Tempo weniger als 1 Kilometer. Ich kaufe mir im nahen Coop noch einige Lebensmittel, denn mein Zug geht morgen schon um 6:26 Uhr nach Ferrara – das Lunchpaket als Ersatz für das Frühstück stelle ich mir lieber schon heute und selbst zusammen.

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Mein Fazit

Wie in Florenz oder Rom verbinden auch die Veranstalter des Ravenna Marathons das  bauhistorische und kulturelle Erbe ihrer Stadt mit Freizeittrends der Gegenwart, in der Laufsportevents auch den Tourismus ankurbeln und die Streckenführung auf die Sehenswürdigkeiten Bedacht nimmt. Allerdings achten all die schnellen Läufer/innen meiner Beobachtung nach nicht darauf, bestenfalls Marathontouristen aus Übersee, die sich sogar Zeit für ein Foto nehmen. Auch wenn man langsam unterwegs ist, verliert man beim Fotografieren in Summe immer einige Minuten. Der Marathonkurs verlief diesmal schon am Anfang in Zickzackmanier durch den historischen Kern von Ravenna, Kopfsteinpflaster ist kein idealer Untergrund, wenn es um die Laufzeit geht. Aber die langen Passagen auf Asphalt mit Begegnungszonen  hinaus nach Classe und zur Adria fast auf Meeresniveau konnte man wieder Tempo zulegen.

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Ein diesmal fast leeres Startsackerl ist für mich kein Qualitätskriterium für das Gelingen eines Marathons, was zählt ist die Gesamtorganisation, die wie immer in Italien mit Unterstützung der Policia de la Strada und vielen ehrenamtlichen Helfern und Helferinnen nahezu perfekt ist. Die Italiener sind eine Sportnation, auch in Ravenna sprang die Begeisterung bei einheimischen Läufern, die im gleichen Hotel wie ich untergebracht waren, auf die sonst noch Anwesenden über. Wer an der Architektur und Kultur vor Ort interessiert ist, sollte daher vor oder besser nach dem Marathon einen oder zwei Tage anhängen, wie ich das 2011 gemacht habe. Sehr positiv finde ich die lange Öffnungszeit des Marathons von 6 ½ h  – damit war sichergestellt, dass so mancher italienische Laufveteran wieder oder noch einmal anschreiben konnte. Ich habe einige italienische Kollegen bzw. alte Lauffreunde auf der Strecke in der Begegnungszone getroffen, die sonst kaum mehr wo antreten. Der Ravenna Marathon ist somit eine Bühne für das eigene Revival. Mit dem T-Shirt und der Finishermedaille, die Mosaikkunsthandwerk auf hohem Niveau repräsentiert, kann man zudem von einem sehr guten Preis-/Leistungsverhältnis sprechen. Ich kann eine Teilnahme an diesem Stadtmarathon mit einem großen Radius auch in die nähere Umgebung der Provinz Ravenna nur weiter empfehlen.

Weitere Fotos vom Ravenna Marathon

Siegerliste bei den Herren:

1.Elkana Langat (KEN) – 2:10:33

2.Kemboi Kenneth Rottich (KEN) – 2:15:48

3.Kiptoo Bernard Koech (KEN – 2:18:05

Reihung bei den Frauen:

1.Jepkokier Shyline Toroititich (KEN) – 2:29:17

2.Maria Diana Dragomir (RUM) – 2:43.14

3.Camilla Spanol (ITA) - 2:54:01

1076 Finisher beim Marathon in Ravenna (863 Männer, 213 Frauen)

Weitere Details zur Veranstaltung auf www.maratonadiravenna.com und auf unserer Event-Seite.


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