Eliud Kipchoge beim Berlin-Marathon
Eliud Kipchoge beim Zieleinlauf des Berlin-Marathons 2018 (C) SCC EVENTS/camera4
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Marathon Weltrekord-Splits: Warum der Negativ-Split das Erfolgsrezept für einen Marathon-Weltrekord ist!

Seit September 2018 ist Eliud Kipchoge der neue Marathon-Weltrekordhalter.

Der Kenianer verbesserte den bisherigen Weltrekord seines Teamkollegen Dennis Kimetto von 2:02:57 Stunden auf 2:01:39 Stunden. Ein weiteres beeindruckendes Merkmal seines herausragenden Weltrekordes war die Renneinteilung. Denn er legte die 2. Halbmarathondistanz deutlich schneller zurück als die ersten 21,1 Kilometer.

Beim Marathon schneller als der beste deutsche Halbmarathonläufer aller Zeiten

Kipchoge lag nach dem Halbmarathon mit einer Zeit von 61:06 Minuten bereits auf Weltrekordkurs. Das er jedoch die bisher bestehende Weltbestleistung gleich um 78 Sekunden verbesserte, lag vor allem an seinen furiosen zweiten 21,1 Kilometern, für die er nur 60:33 Minuten benötigte. Damit war Kipchoge sogar eine Sekunde schneller als der deutsche Halbmarathonrekordhalter Carsten Eich. Denn der hält seit 1993 mit 1:00:34 Minuten den nationalen Halbmarathonrekord.

Was ist ein Negativ-Split?

Das ein Negativsplit allerdings nichts ungewöhnliches bei Marathon-Rekorden ist, zeigen die vergangenen Weltrekorde. Denn sogar mehr als die Hälfte der offiziellen Marathon-Weltrekorde wurden mit sogenannten Negativ-Splits gelaufen. Das heißt, die zweite Marathonhälfte wurde mit einem schnelleren Tempo gelaufen als die 1. Marathonhälfte.https://ssl-vg03.met.vgwort.de/na/28599c480666491fa96b22e0d26f249f

Auch Haile Gebrselassie lief mit Negativ-Split zum Marathon-Weltrekord

Den ersten offiziell anerkannten Marathon-Weltrekord lief Paul Tergat am 28.09.2003 in Berlin und das ebenfalls mit einem beeindruckenden Negativ-Split. Er legte 2003 die ersten 21,1 Kilometer in 1:03:01 Stunden zurück, ehe er den Turbo zündete und die zweiten 21,1 Kilometer in 1:01:54 lief. Danach folgten zwei Weltrekorde der äthiopischen Marathon-Legende Haile Gebrselassie, ebenfalls mit Negativ-Split.

Erstmals 2011 ohne Negativ-Split

2011 war Patrick Makau der erste Läufer, der einen Marathon-Weltrekord aufstellte, obwohl er auf der 2. Marathon-Hälfte an Tempo einbüßen musste. Allerdings waren es nur ein paar Sekunden Zeitdifferenz. 61:43 Minuten und 61:55 Minuten waren die Splits des Kenianers. Auch Landsmann Wilson Kipsang lief zwei Jahre später ohne Negativ-Split zum Marathon-Weltrekord. Interessantes Detail der ersten fünf Marathonweltrekorde. Die 2. Halbmarathondistanz legten alle Athleten fast gleich schnell zurück. Alle Halbmarathonsplits lagen zwischen 1:01:51 und 1:01:57 Stunden. Damit war fast abzusehen, das für eine weitere Verbesserung des Marathonweltrekords wieder ein Negativ-Split folgen müsste.

Erfolgsrezept für einen Marathon-Weltrekord

Und dem war auch so. Dennis Kimetto knackte nur ein Jahr später (2014) als erster Mensch der Welt die 2:03-Stunden Marke. Sein Erfolgsrezept waren die zweiten 21,1 Kilometer, die erheblich schneller waren als bei den bisherigen Weltrekorden. Denn Kimetto startete mit 61:45 Minuten auf den ersten 21,1 Kilometern "verhalten" und lag damit über der Weltrekord-Pace. Doch Kimetto steigerte sich, legte die folgenden 21,1 Kilometer in 61:12 Minuten zurück. Damit war er um fast 40 Sekunden schneller, als seine bisherigen Vorgänger.

Eliud Kipchoges unglaublicher Marathon

Doch vier Jahre nach Kimetto sollte Eliud Kipchoge die Leichtatheltik-Welt noch mehr ins Staunen versetzen. Denn Kipchoge war nicht nur nach den ersten 21,1 Kilometer unglaublich schnell, er schaffte es tatsächlich noch einmal, diese Pace auf der 2. Marathonhälfte zu steigern. Die 61:06 Minuten für die ersten 21,1 Kilometer sind zwar die mit Abstand schnellsten ersten 21,1 Kilometer bei einem Marathon-Weltrekord, aber gar nicht so ungewöhnlich. Denn in den letzten Jahren gab es durchaus schon den einen oder anderen Marathon, bei denen die Spitzenläufer ein ähnliches Anfangstempo anlegten - meist beim London Marathon. Nur konnten diese das Tempo mit Fortdauer des Rennens nicht annähernd halten. Kipchoge war allerdings der erste Läufer, dem dies nicht nur gelang, sondern der auch noch das Tempo steigern konnte (60:33 für den 2. Halbmarathon).

Fast alle Marathon-Weltrekorde mit Negativ-Split!

In Summe wurden seit 2003 fünf der sieben Marathon-Weltrekorde mit Negativ Split aufgestellt. Bei diesen sieben Marathon-Weltrekorden waren die zweiten 21,1 Kilometer in Summe um satte 145 Sekunden schneller, also um über 20 Sekunden pro Läufer. Das ist auf so einem hohen Niveau durchaus viel und sollte auch für Amateur- und Hobbyläufer eine nicht unwichtige Information sein. Denn diese Marathon-Weltrekorde zeigen eindrucksvoll, welche Marathon-Taktik die richtige ist. Immerhin wurde kein Marathon-Weltrekord dank einer deutlich schnelleren 1. Marathonhälfte aufgestellt. Bei allerdings gleich vier der sieben Marathon-Weltrekorde waren die zweiten 21,1 Kilometer um über 30 Sekunden schneller als die erste Halbmarathonstrecke.

Die Marathon-Taktik: Wie man einen Marathon richtig läuft!

Marathonläufer sollten daher keinesfalls zu schnell in den Marathon starten. Das die ersten ein oder zwei Kilometer aufgrund der Emotionen oder des Adrenalins um die eine oder andere Sekunde zu schnell sind, ist noch kein Beinbruch. Danach sollte aber die geplante Marathon-Pace eingehalten werden. Schnelleres Laufen ist tabu. Ein "Herauslaufen eines zeitlichen Vorsprungs" ist absoluter Irrsinn und führt in der Regel zu einem Einbruch gegen Ende des Marathons. Denn Eliud Kipchoge, Haile Gebrselassie & Co können keine besseren Beispiele für eine erfolgreiche Marathontaktik sein.

Marathon-Weltrekorde: Die Splits

JahrLäufer1.HM2.HMZeitDif.
2003 Paul Tergat 1:03:01 1:01:54 2:04:55 -67s
2007 Haile Gebrselassie 1:02:29 1:01:57 2:04:26 -32s
2008 Haile Gebrselassie 1:02:05 1:01:54 2:03:59 -11s
2011 Patrick Makau 1:01:43 1:01:55 2:03:38 +12s
2013 Wilson Kipsang 1:01:32 1:01:51 2:03:23 +19s
2014 Dennis Kimetto 1:01:45 1:01:12 2:02:57 -33s
2018 Eliud Kipchoge 1:01:06 1:00:33 2:01:39 -33s

Alle sieben Marathon-Weltrekorde wurden beim Berlin-Marathon aufgestellt

Anmerkung: Auch am 12. Oktober 2019 beim Marathon in Wien unter nicht rekordtauglichen Bedingungen lief Eliud Kipchoge den Marathon (1:59:40 Stunden) mit Negativ-Split: 59:54 + 59:46 Minuten.

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Kommentare

1
Käss
Sonntag, 03. März 2019 10:03
Richtig ist aber natürlich: Nicht am Anfang zuviel Gas geben und denken, man könne einen Vorsprung herauslaufen. Das ist mir leider bei meinem zweiten Marathon passiert, die Folge war ein furchtbarer Einbruch schon bei km 28 oder 29.
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Ich wars nicht
Freitag, 01. März 2019 16:39
Mal ein Gedankenexperiment dazu: angenommen du willst den Weltrekord knacken und beschließt die erste Hälfte schneller als mit wr Tempo zu laufen. Die Wahrscheinlichkeit, dass du dann noch ne schippe drauflegen kannst ist extrem gering. Die Wahrscheinlichkeit, dass du die zweite Hälfte langsamer läufst ist also recht hoch - und dass du damit den Weltrekord wieder ich verpasst, ebenfalls.
Wenn du hingegen nahe am wr Tempo die erste Hälfte läufst, ist die Wahrscheinlichkeit, dass die zweite etwas schneller geht deutlich höher und damit knackst du automatisch den Weltrekord mit einem negativ split.
Somit ist diese Statistik evtl. Keine Analyse von Leistungsfähigkeit, sondern nur das Ergebnis von Wahrscheinlichkeiten - oder habe ich nen Denkfehler drin?

Abgesehen davon, für uns alle vermutlich relevanter: ein negativ split macht einfach viel mehr Spaß!!!
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Senior
Freitag, 01. März 2019 16:34
der Artikel ist zwar in der Theorie zutreffend, aber er trifft das eigentliche Problem nicht. Das besteht darin, die erste Hälfte genau so schnell zu laufen, dass man a) die Zielzeit nicht schon auf der ersten Hälfte verschenkt, aber b) das Tempo so dosiert, dass noch ein negativ Split auf der 2. Hälfte drin ist. Um es mal auf den Punkt zu bringen: ich kann nicht, wenn ich einen Marathon in einer 5:00 Pace laufen will, auf der ersten Hälfte mit 6:00 rumtrödeln, weil ich dann die zweite Hälfte in 4:00 Pace laufen muss und das halte ich nicht mal 10 km lang durch, geschweige denn einen Halbmarathon. DA wir alle keine programmierbaren Roboter sind, kann mir aber keiner sicher sagen, was ich denn auf der 2. Hälfte eines Marathons noch als Tempo laufen kann, ohne einzubrechen. Das ist eine Prognose, eine Schätzung, die klappen kann, die aber häufig auch schief geht, denn der Unterschied zwischen der 1. und der 2. Hälfte darf nicht so groß sein. Kenne ich mein Leistungsvermögen so gut wie ein Gebresselassie, ein Kimetto oder ein Kipchoge, dann habe ich eine ganz gut Schätzgrundlage, die aber dennoch schief gehen kann. Wie oft hat Kipchoge den Marathon Weltrekord verpasst, bevor er ihn endlich geschafft hat! Für ambitionierte Hobbyläufer, die ihr Leistungsvermögen nur viel unpräziser kennen, gilt das erst recht, denn die Umrechnungsformeln von der 10 km oder Halbmarathonzeit auf dei Marahonzeit sind brauchbar, aber kilometerweit weg von mathematischer Genauigkeit. Und so gibt es bei jedem Marathonstart einen großen Unsicherheitsfaktor: was werden meine Beine heute nach km 30 sagen? wie schnell werde ich dann noch laufen können? Aber gerade das macht auch einen großen Reiz dieses Sports aus.
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1
Zero
Mittwoch, 27. Februar 2019 17:52
Ich hätte letztes Jahr in Berlin ein Negative Split von eine Sekunde
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Calamar
Mittwoch, 27. Februar 2019 17:16
werde es bei meinem nächsten Weltrekordversuch in Erwägung ziehen ;)
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