Laufen ist so einfach und dennoch so komplex!
Zum einfachen los laufen reichen ein paar Laufschuhe und gemütliche Sportkleidung. Das Produkt langfristiger Leistungsverbesserung ist jedoch wesentlich komplexer: Strukturierte Trainingsplanung, gesunde Lebensweise, richtige Ernährung und das gewisse Maß an Talent sind notwendig um sich auch über viele Jahre regelmäßig zu verbessern. Einen geringen Stellenwert im Trainingsalltag hat der Fokus auf die Atmung beim Laufen.
Klar, Atmen ist reicht einfach: Ein- und ausatmen, wer kann das nicht:) Und diejenigen, die sich beim Laufen ohnehin glücklicherweise nicht mit dem Problem "Seitenstechen" herum plagen müssen, wagen sicher keinen Gedanken daran die Atemtechnik zu optimieren. Notwendig ist das auch nicht unbedingt. Wie auch beim Laufstil hat jeder Mensch seine individuelle Note, auch wenn die nicht die ökonomischte sein mag, heißt das noch lange nicht, dass eine bewusste Veränderung tatsächlich eine Leistungsverbesserung bringt. Man schaue sich nur Bergläuferin Andrea Mayr an, die mit ihrem etwas unorthodoxem Laufstil zahlreiche nationale Rekorde hält und zigfache Berglauf-Weltmeisterin ist.
Hohe Belastung
Das heißt allerdings noch lange nicht, dass man Ansätze oder Ideen zur Technikverbesserung ignorieren soll. Ähnlich verhält es sich bei der Atmung während des Laufens. Auch die kann durch eine Optimierung zu Leistungsverbesserungen führen, muss sie aber nicht. Einen sehr bekannten Ansatz zur Optimierung der Atemtechnik gibt Budd Coates, Autor des amerikanischen Magazins Runner's World und ehemalige Spitzenläufer. Seine Technik möchten wir näher vorstellen.
Eine amerikanische Studie belegte, dass beim Laufen die größte Belastung auftritt, wenn die Schrittabfolge mit dem Beginn des Ausatmens zusammenfällt. Das heißt, die linke Körperseite ist hohen Belastungen ausgesetzt, wenn beim Ausatmen der linke Fuß den Boden berührt. Der Grund: Das Zwerchfell und die verbundenen Muskeln entspannen beim Ausatmen, was zu einer geringeren Stabilität der Körpermitte führt. Diese Instabilität kann im schlimmsten Falle zu Verletzungen führen. Wird nun so geatmet, dass immer derselbe Fuß zu Beginn des Ausatmens den Boden berührt, wird nur eine Körperseite diesen Belastungen ausgesetzt, womit die Verletzungsanfälligkeit steigt. Häufig haben Läufer einen 2:2 oder 3:3 Schritt-Atemrhythmus, wodurch das Ausatmen immer mit der gleichen Fußseite beginnt.
Die Idee
Coates machte nichts anderes als eine Technik zu entwickeln, in der zu Beginn jeder Ausatmung einmal der linke und und einmal der rechte Fuß aufsetzt. Er entwickelte zwei unterschiedliche Muster. Der Fünf-Schritt-Zyklus beinhaltete fünf Schritte für einen Atemzug, sodass die Phase des Ausatmens bei jedem Atemzug wechselt. Die ersten drei Schritte wird eingeatmet, mit Schritt 4 beginnt die Ausatmung. Bei Schritt 6 wird wieder mit dem Einatmen begonnen. Schritt 9 wäre dann wieder der Beginn des Ausatmens. Dadurch ergibt sich, das die betroffene Fußseite mit jedem Vorgang des Ausatmens wechselt:
Einatmen: Schritt 1 links - Schritt 2 rechts - Schritt 3 links. Ausatmen: Schritt 4 rechts - Schritt 5 links. Einatmen: Schritt 6 rechts - Schritt 7 links - Schritt 8 rechts. Ausatmen: Schritt 9 links - Schritt 10 rechts. Einatmen: Schritt 11 links - Schritt 12 rechts - Schritt 13 links. Ausatmen: Schritt 14 rechts - Schritt 15 links. Einatmen: Schritt 16 rechts - Schritt 17 links - Schritt 18 rechts. Ausatmen: Schritt 19 links - Schritt 20 rechts usw.
Für schnelle Läufer entwickelte er einen Drei-Schritt-Zyklus bestehend aus zwei Schritten Einatmen und einem Schritt Ausatmen. Gegenüber dem traditionellen Atemrhythmus wird also eine Verlängerung der Phase des Einatmens empfohlen. Der Grund: Das Zwerchfell zieht sich während des Einatmens zusammen, was zu einer Stabilität der Körpermitte führt.
Der Einstieg
Wie kann nun diese Technik geübt werden. Coates rät zu Beginn mit Bauchatemübungen am Boden. Wichtig ist, dass über den Bauch (also das Zwerchfell) geatmet wird und nicht über die Brustmuskeln. Am einfachsten kann das geübt werden, wenn du dich auf den Rücken legst und deinen Bauch beim Einatmen bewusst anhebst und beim Ausatmen absenkst. Die Brust soll sich dabei nicht nach oben und unten bewegen.
Danach kann der 3:2 Atemrythmus im Liegen auf dem Rücken ausprobiert werden. Funktioniert das gut, wird der der Rhythmus beim Gehen angewandt ehe es nach einiger Routine zum Laufen übergeht. Wichtig: Musik ist zu Beginn absolut tabu. Die Atmung sollte zudem durch den Mund und durch die Nase erfolgen. Bei sehr schnellem Tempo (Tempoläufen oder Wettkämpfen) oder harten Anstiegen kann auf den 2:1 Atemrhythmus gewechselt werden.
Ob das regelmäßige Seitenstechen eine Ursache des einseitigen Atemrhythmus ist und das Problem durch eine Optimierung der Atmung beseitigt werden kann, ist unklar. Es spricht allerdings nichts dagegen, einen Versuch zu unternehmen, seine Atem-Technik zu verbessern.
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Kommentare
Ich atme schon immer im Takt der Schritte und meist auch im 3-4-Takt.
Der Unterschied bei mir ist nur, dass ich einen Schritt mehr aus- als einatme im Gegensatz zum Autor. Meiner Meinung nach mindert das noch mehr die Neigung zu Seitenstechen, weil man tiefer ausatmet. Zumindest bei mir ist das so.