Viele Läufer und Läuferinnen setzten beim Lauftraining auf eine Herzfrequenzaufzeichnung.
Das heißt, das Training wird durch die Pulskontrolle gesteuert. Allerdings ist eine Trainingssteuerung anhand der Pulsbereiche nicht zwingend erforderlich.
Gerade im Spitzensport trainieren viele Athleten ganz ohne Pulskontrolle. Grundsätzlich kann man sich bei einen Lauftrainingsplan an zwei Bereichen orientieren: Entweder man trainiert nach Herzfrequenzbereichen oder nach Geschwindigkeitsbereichen. Beides hat seine Vorteile und Nachteile.
Lauftraining durch Pulskontrolle
Möchtest du mit Pulskontrolle trainieren, musst du vorarb einige Rahmenbedingungen beachten. Grundvoraussetzung Nummer 1 ist eine Laufuhr, die Herzfrequenzmessung unterstützt. Mittlerweile keine große Hürde, denn nahezu alle gängigen Laufuhren haben mittlerweile eine Herzfrequenzmessung integriert.
Schritt 1 - Herzfrequenzmessung über Brustgurt oder das Handgelenk
Die Herzfrequenz konnte lange Zeit nur mit einem Brustgurt aufgezeichnet werden. Seit einigen Jahren sind allerdings auch Laufuhren am Markt, die direkt über das Handgelenk die Herzfrequenz dokumentieren. Das heiß, du benötigst keinen Pulsgurt . Diese "Option" ist mittlerweile so beliebt, das große Hersteller wie etwa Garmin oder Polar ihre neuen Modelle allesamt so entwickeln, das neben der Brustgurt-Aufzeichnung, die Pulsaufzeichnung direkt über das Armband der Uhr zum Standard wurde. Tief in die Geldbörse musst du dabei übrigens nicht greifen. Neben Sportuhren um mehrere hundert Euro, gibt es auch einige günstige Modelle um nur etwas mehr als 100 Euro, die trotzdem direkt über das Handgelenk die Herzfrequenz aufzeichnen. Bestes Beispiel ist der Garmin Forerunner 35, der nur etwas mehr als 100 Euro kostet, aber alle Features für eine hochwertige Laufuhr besitzt und noch dazu über das Handgelenk die Herzfrequenz misst.
Trainierst du mit Smartphone und App, musst du wohl oder übel mit einem Brustgurt auskommen. Zudem unterstützen nicht alle Laufapps die Funktion einer Herzfrequenzaufzeichnung mittels Pulsgurt.
Schritt 2 - Vor der Trainingsplanung: Ermittlung des Maximalpuls
Möchtest du dein Training nach Pulsbereichen gestalten, reicht es allerdings nicht, nur eine passende Laufuhr dazu besitzen. Deine Trainingsbereiche orientieren sich an der maximalen Herzfrequenz. Das heiß, vor der Trainingsplanung musst du deinen Maximalpuls wissen. Dazu gibt es eine Faustregel mit "220 - Lebensalter", diese ist allerdings nicht zuverlässig und daher nicht zu empfehlen. Eine schnelle und genauere Methode ist eine Situation mit maximaler körperlicher Belastung und anschließender Herzfrequenzmessung. Sprinte zum Beispiel so lange einen Berg hinauf bis du vollkommen erschöpft ist. Danach werte deine Daten auf der Laufuhr aus. Die dort ermittelte maximale Herzfrequenz kannst du als deinen zukünftigen Maximalpuls nehmen. Das geht natürlich auch ohne Laufuhr. Dazu zählst du direkt nach dem Belastungsstopp für 15 Sekunden die Anzahl der Herzschläge und multiplizierst diese mit 4. Da dein Puls zu diesem Zeitpunkt allerdings extrem hoch ist, ist die Gefahr gegeben, das du gar nicht so schnell mit zählen kannst.
Ganz exakt kannst du deine maximale Herzfrequenz mittels Laktatdiagnostik oder Atemgasanalyse ermitteln. Diese Methode kostet allerdings natürlich etwas Geld. Für eine professionelle Trainingsplanung ist aber ohnehin eine Laktatdiagnostik keine schlechte Idee.
Schritt 3 - Trainingsplanung: Einteilung in verschiedene Pulsbereiche
Wenn du nun eine Laufuhr mit Herzfrequenzmessung hast und deinen Maximalpuls kennst, dann kannst du mit der Trainingsplanung loslegen. Dazu wird dein Training in verschiedene Trainingsbereiche eingegliedert. Da gibt es zum Beispiel regenerative Laufeinheiten (GA0), die mit weniger als 65 Prozent der maximalen Herzfrequenz gelaufen werden oder Grundlagenläufe (GA1) die in etwa mit 65 bis 80 Prozent der maximalen Herzfrequenz gelaufen werden. Einen Großteil deiner Laufkilometer absolvierst du übrigens in einem GA1-Tempo. Ab 80 Prozent der maximalen Herzfrequenz sind die Laufeinheiten intensiver und werden teilweise auch als Intervalle absolviert.
In diesem Text wollen wir dazu nicht näher ins Detail eingehen, da wir in unserem Artikel "Lauftraining 1x1 für Anfänger" (dieser Artikel ist übrigens auch für erfahrene Läufer und Läuferinnen durchaus lesenswert) die einzelnen Trainingsbereiche näher beschrieben haben.
Zur schnellen Übersicht, führen wir aber noch einmal die einzelnen Trainingsbereiche auf:
- GA0: weniger als 65 Prozent der maximalen Herzfrequenz.
Einsatzzweck: Kurze Dauerläufe zur aktiven Regeneration - GA1: 65 - 80 Prozent der maximalen Herzfrequenz
Einsatzzweck: Grundlagen-Dauerläufe zur Verbesserung der Ausdauer und aeroben Fähigkeiten. Mindestens 50 % des Trainingsumfanges werden in diesem Bereich gelaufen. - GA1-2: 75 - 85 Prozent der maximalen Herzfrequenz
Einsatzzweck: Grundlagen-Dauerläufe zur Verbesserung der Ausdauer und aeroben Fähigkeiten. - GA2: 80 - 90 Prozent der maximalen Herzfrequenz
Einsatzzweck: Intensive Tempoläufe zur Verschiebung der anaeroben Schwelle nach oben. Auch Intervalle werden in diesem Bereich gelaufen. Das Marathontempo sollte ebenfalls nicht die aerob-anerobe Schwelle überschreiten. - WSA: über 90 Prozent der maximalen Herzfrequenz
Einsatzzweck: Intervalle, kurze Tempoläufe und kurze Wettkämpfe.
Schritt 4 - Training mit Pulskontrolle
Hast du nun deine Trainingsbereiche ermittelt, kannst du dein Training mit Pulskontrolle starten. Dazu musst du nur wissen, welchen Pulsbereich du im Training einhalten muss. Dazu ein ganz einfaches Beispiel. Dein Maximalpuls ist 200. Du sollst einen Grundlagenlauf (GA1) absolvieren. Demnach sollte deine Herzfrequenz bei 65 bis 80 Prozent der maximalen Herzfrequenz liegen. Das heißt deine Herzfrequenz sollte im Bereich von 130 - 160 Schlägen pro Minute liegen. Bei vielen Laufuhren kannst du einen Alarm integrieren, bei der dich die Uhr während des Lauftrainings mit einem kurzen Alarm informiert, sobald du eine vorgegeben Herzfrequenzzone verlässt.
Deutlich komplexer ist übriges das Training mit Pulskontrolle bei Intervallen. Dazu aber etwas später mehr bei den Nachteilen zum Thema "Laufen mit Pulsmessung".
Lauftraining ohne Pulskontrolle
Ein Lauftraining ohne Pulskontrolle ist weniger komplex. Denn dazu benötigst du weder eine Laufuhr mit Herzfrequenzaufzeichnung, noch deine Herzfrequenzbereiche. Allerdings solltest du auch ohne Pulskontrolle systematisch und kontrolliert trainieren. Beim Training ohne Pulskontrolle orientierst du dich an der Geschwindigkeit bzw. an der Pace. So machen es zumindest nahezu alle Spitzenläufer. Die Trainingsbereiche werden übrigens, genauso wie beim Training mit Pulskontrolle, durch eine Laktatdiagnostik ermittelt. Alternativ kannst du auch deine bisherigen Wettkampf-Bestzeiten zur Planung nehmen. Aber nur wenn du ein sehr erfahrener Läufer bist.
Die Einteilung der Trainingsbereiche erfolgt nach der Pace. Beispiel: GA1 in einer Pace von 5:00 - 5:15 Minuten pro Kilometer. Die Pace der Trainingsbereiche wird, wie bereits erwähnt, durch einer Laktatdiagnostik am Einfachsten ermittelt.
Vorteile - Laufen mit Herzfrequenzmessung
Anfänger oder Einsteiger sind mit der Pulskontrolle garantiert auf der sicheren Seite. Damit ist ihnen garantiert, die geforderte Trainingsintensität auch einzuhalten. Denn als Laufanfänger fehlt anfangs oft das Tempogefühl und so kann es durchaus passieren, dass das Tempo schlussendlich viel zu schnell oder auch viel zu langsam ist und demzufolge der Trainingseffekt aus bleibt oder weniger verstärkt auftritt.
Leistungsfortschritt leicht zu erkennen
Weiters kannst du anhand der Herzfrequenzaufzeichnung sehr gut deinen Leistungsfortschritt dokumentieren, ohne dafür regelmäßig Wettkämpfe zu laufen. Absolvierst du zum Beispiel anfangs Grundlagenläufe mit 70 % der Herzfrequenz in rund 6:00 Minuten pro Kilometer und steigerst mit Fortdauer dein Tempo auf 5:30 Minuten pro Kilometer ohne deine Herzfrequenz zu erhöhen, so hast du dein Leistungslevel erhöht. Das heißt, genauso schnell mit einer niedrigeren Herzfrequenz zu laufen, ist in der Regel ein gutes Zeichen für eine Verbesserung der Leistungsfähigkeit.
Unabhängig vom Wetter
Ein weitere Vorteil der Herzfrequenzmessung ist die Unabhängig von Wetter und Gesundheit. Bei starker Hitze würde deine Herzfrequenz bei gleichem Tempo höher sein, als bei normalen Bedingungen. Da sich dein Training aber an der Herzfrequenz orientiert, kannst du nicht in die Gefahr kommen, bei widrigen Bedingungen zu schnell zu laufen. Selbiges gilt für einen gesundheitlich oder körperlich nicht guten Zustand. Das führt auch gleich zu einem weiteren Vorteil. Läufst du bei gleicher Herzfrequenz langsamer als in deinen vergangenen Einheiten, dann deutet das auf einen Verschlechterung deiner Leistungsfähigkeit hin.
Unabhängig von der Strecke
Das Training mit Herzfrequenzsteuerung ist zudem unabhängig vom Gelände. Auf Bergen oder stark profilierten Strecken kannst du natürlich nicht das gleiche Tempo, wie auf der Straße laufen. Dank Herzfrequenzaufzeichnung kannst aber weiterhin deinen Trainingsbereich einhalten. Auf den Bergen musst du zudem noch die Höhenluft berücksichtigen, die die maximale Sauerstoffaufnahme reduziert (= Höhentraining).
Nachteile - Laufen mit Herzfrequenzmessung
Da sehr viele Läufer und Läuferinnen ohne Herzfrequenzaufzeichnung trainieren, muss es natürlich auch Argumente geben, die für ein Training ohne Pulskontrolle und damit auch gegen ein Training mit Pulskontrolle sprechen.
Orientierung an der Pace ist für den Wettkampf zielgerichteter
Im Spitzensport wird zumeist das Training nicht nach Herzfrequenz gesteuert. Wieso das so ist, ist eigentlich relativ logisch! Denn ein Spitzenläufer möchte vorrangig schneller werden und nicht seine Pulswerte verbessern. Deswegen muss er sich beim Training an die Pace orientieren. Denn immerhin geht es auch beim Wettkampf darum, der Schnellste im Ziel zu sein und nicht die niedrigste Herzfrequenz zu haben.
Gerade bei Intervalle und Tempoläufen ist eine Trainingssteuerung nach Pace die bessere Wahl, zumal die Pulswerte bei Intervallen häufig ungenau sind. Absolvierst du zum Beispiel 500-Meter-Intervalle, erreichst du erst gegen Ende des Intervalls hohe Pulswerte. Das heißt, der Durchschnittspuls bei Intervallen ist sogar eher niedrig. Hier eine Steuerung nach Herzfrequenzbereichen wäre also totaler Irrsinn. Daher solltest du Intervalle immer nach Pace steuern und nie nach Herzfrequenz.
Das Tempogefühl geht verloren
Trainierst du zudem ausschließlich über die die Herzfrequenzsteuerung, ist die Wahrscheinlichkeit groß, das du mit der Zeit dein Tempogefühl verlierst. Das heißt, dir wird es schwer fallen, eine bestimmte Pace zu laufen ohne dabei auf die Uhr zu schauen. Gerade für junge Läufer und Läuferinnen ist eine Trainingssteuerung nach Tempobereichen und nicht nach Herzfrequenzbereichen die bessere Wahl.
Ungenaue Herzfrequenzmessung
Ob die Pulswerte, die gemessen werden, tatsächlich korrekt sind, wird dir nicht garantiert. Brustgurte liefern normalerweise sehr zuverlässige Werte, die Messung direkt über das Armband der Laufuhr ist hingegen noch teilweise sehr ungenau, wie auch Praxistests unserer Redaktion ergaben. Daher können wir nach aktuellem Stand noch keine Trainingssteuerung durch Herzfrequenzmessung ohne Brustgurt empfehlen. Zwar kann es auch bei der Distanzmessung zu Unstimmigkeiten kommen, die Ausreißer sind aber deutlich seltener und weniger hoch.
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