Laufschuhe mit Carbonplatten haben in den letzten Jahren den Laufschuh-Markt revolutioniert.
Denn diese Schuhe sorgten dafür, dass in den vergangenen Jahren nahezu alle Weltrekorde über die Langstrecken-Disziplinen auf der Straße verbessert wurden. Auch Hobbyläufer leisten sich vermehrt diese Modelle, obwohl nicht alle Läufer tatsächlich von dieser Technologie profitieren werden.
Wir haben uns die Technologie der Carbonschuhe genauer angeschaut und erklären genauer die Vorteile und Nachteile dieser Schuhe. Doch vorab möchten wir natürlich den Unterschied zwischen den klassischen Laufschuhen und den Carbon-Laufschuhen erklären.
Was sind Carbon-Laufschuhe?
Diese Laufschuhe haben in der Mittelsohle eine oder mehrere steife Platten aus Carbon verbaut. Wieso ausgerechnet Carbon als Technologie dafür eingesetzt wird, lässt sich leicht erklären. Denn Carbon hält einerseits starke Belastungen aus, andererseits ist das Material aber sehr leicht. Und Laufschuhe sollten natürlich so leicht wie möglich sein, zumindest im Wettkampf. Durch diese Carbonplatte ist die Energierückgewinnung bei jedem Schritt erhöht, was wiederum die Laufdynamik verbessert. Daraus resultiert, dass wir im Vergleich zu "normalen" Laufschuhen mit gleichem Energieaufwand ein leicht höheres Tempo umsetzen können.
Kommen wir aber nun zum eigentlichen Thema des Artikels. Die Argumente, die für und die gegen einen Kauf von Carbon-Laufschuhen sprechen.
Vorteile von Carbon-Laufschuhen
1) Laufschuhe mit Carbonplatten sparen Energie
Die extrem steifen Carbonplatten haben beim Abrollvorgang einen großen Vorteil. Denn dadurch werden die Gelenke der Zehen steif gehalten, wodurch ein Krümmen der Zehen beim Abrollvorgang verhindert werden kann. Dadurch wird bei jedem Laufschritt etwas an Energie gespart.
Das reaktive Dämpfungsmaterial sorgt zudem dafür, dass mit jedem Auftritt auch etwas an Energie an den Läufer zurückgegeben wird. Vereinfacht gesagt: Der Aufwand der Muskulatur kann beim Laufen mit Schuhen mit Carbonplatten im Vergleich zu den klassischen Lightweight-Wettkampfschuhen etwas reduziert werden.
2) Carbon-Laufschuhe machen schneller
Spitzenläufer schätzen über lange Distanzen eine Zeitersparnis von etwa zwei bis drei Sekunden pro Kilometer. Das klingt nicht nach sonderlich viel, ist aber im Spitzensport eine Welt. Wer etwa bisher einen Marathon in 2:04 Stunden lief, hat nun mit den Carbonschuhen, die Möglichkeit eine Zeit von 2:02 Stunden zu laufen. Das könnte bei großen Städtemarathons den Unterschied zwischen Sieg oder eine Platzierung außerhalb der Spitzenplätze bedeuten.
Mittlerweile werden nahezu fast alle Podestplätze bei großen Marathon-Wettkämpfen von Athleten mit Carbon-Laufschuhen erzielt. Allerdings ist das ohnehin wenig verwunderlich, da kaum noch ein Profi auf diese Technologie bei langen Laufwettkämpfen verzichten möchte.
Die Trainings-App Strava konnte in einer Analyse von 500.000 Trainingsläufen ermitteln, dass Athleten mit dem Nike Vaporfly den Marathon im Durchschnitt drei Prozent schneller liefen, als alle anderen Athleten. Der "Nike Vaporfly 4%" war der erste Laufschuh mit Carbonplatte, der von den Spitzenläufern in Massen getragen wurde. Der Effekt konnte sowohl bei Profis, als auch bei Amateuren nachgewiesen werden.
Marathon-Weltrekordler Eliud Kipchoge lief zuerst mit dem Nike Vaporfly 4% und danach mit dem Nike Alphafly Next%. Erst diese Modelle machten es ihm möglich, den Marathon-Weltrekord zu brechen und anschließend auch als erster Mensch der Welt, die 42,195 Kilometer in unter zwei Stunden zurückzulegen.
Auch der bei den Frauen lange Zeit als unerreichbare Marathon-Weltrekord von Paula Radcliffe wurde im Jahr 2019 durch Brigid Kosgei pulverisiert. Sie lief beim Chicago Marathon mit Carbon-Schuhen eine Zeit von 2:14:04 Stunden und blieb damit 81 Sekunden unter der alten Rekordmarke. Mit dieser Zeit hätte sie übrigens das Olympia-Qualifikationslimit 2016 bei den Herren (!!!) über die Marathon-Distanz nur um vier Sekunden verpasst.
3) Verbesserte Laufökonomie
Dank der verbesserten Energierückgewinnung wird natürlich die Laufökonomie, also der Laufstil positiv beeinflusst. Das kann beim Marathon gegen Ende des Rennens sehr vorteilhaft sein. Zudem könnte das auch etwas die Verletzungsgefahr beim Laufen reduzieren.
Details dazu auch hier: Wieso machen Carbon-Laufschuhe schneller und sind diese für Hobbyläufer geeignet?
Nachteile von Carbon-Laufschuhen
1) Deutlich teurer als traditionelle Lightweight-Schuhe
Unter 200 Euro geht normalerweise nichts. Mit der Einführung der Carbon-Laufschuhe gab es einen massiven Preissprung am Laufschuhmarkt. Die meisten Modelle sind um rund 250 Euro erhältlich und damit um mindestens 100 Euro teurer als klassische Lightweight-Schuhe, von denen es genug Modelle im Preisbereich von 100 bis 150 Euro gibt. Teilweise werden sogar schon Carbonschuhe um 300 Euro verkauft.
2) Extrem kurze Haltbarkeit
Noch drastischer wird das Preis-Nutzenverhältnis wenn die Lebensdauer berücksichtigt wird. Nach bisherigen Erfahrungen sind die Carbon-Laufschuhe nach 250 bis 300 Kilometern ausgelaufen. Das heißt, der positive Effekt ist nach nur 300 Kilometern dahin. Die klassischen Lightweight-Schuhe haben hingegen eine mindestens doppelt so lange Lebensdauer. So manche Laufschuhe lassen sich sogar 1.000 Kilometer tragen, also mehr als 3-mal so lange im Vergleich zu den Carbon-Modellen.
Mehr dazu auch hier: Wann sollen Laufschuhe aussortiert bzw. gewechselt werden?
3) Die positiven Effekte wirken erst bei einem hohen Lauftempo
Wer einen Marathon in vier Stunden läuft, der sollte das Thema der Carbon-Schuhe schnell vergessen. Aufgrund der deutlich längeren Bodenkontaktzeit bei langsameren Tempo, sind die oben beschriebenen positiven Effekte nahezu unmöglich. Der Geschäftsführer des Laufshops RunInc und ehemalige Marathon-Spitzenläufer Michael Buchleitner sagte im Rahmen der Fernseh-Berichterstattung zum Wien Marathon, dass es ein Lauftempo von mindestens 4:00 Minuten pro Kilometer benötigt, damit positive Effekte durch Laufschuhe mit Carbonsohle zu erwarten sind. Das heißt, richtig interessant wird es erst dann, wenn man als Läufer eine Marathonzeit unter drei Stunden anstrebt.
4) Nur für eine sehr kleine Zielgruppe tatsächlich signifikant leistungssteigernd
Also zusammengefasst: Carbon-Laufschuhe sind deutlich teurer, halten weniger lange und haben erst ab einer gewissen Geschwindigkeit einen signifikant positiven Effekt auf die Leistungsfähigkeit. Demnach kommen die Schuhe für viele Läufer und Läuferinnen nicht in Frage. Das Budget und die Leistungsfähigkeit sind die großen Spielverderber. Genauso ist offen, ob Carbon-Schuhe bei kurzen Wettkampfdistanzen (z.B. 10 Kilometer) ähnlich große positive Auswirkungen haben, da der Faktor, der durch die Schuhe gesparte Energie, bei solch einer kurzen Wettkampfdauer eine geringere Rolle spielt. Es spricht aber eher für dein Einsatz von Carbon-Schuhen bei kurzen Laufdistanzen, immerhin wurden in den letzten Jahren auch die Weltrekorde über 10 Kilometer und 5 Kilometer teils erheblich verbessert.
5) Erhöhte Verletzungsgefahr
Diese steife Carbonplatte kann vor allem bei weniger gut trainierte Sportlern die Verletzungsgefahr drastisch erhöhen. Denn durch die steife Carbonsohle wird die Muskulatur in den Waden stärker beansprucht und auch die Achillessehne überdurchschnittlich hoch gereizt. Deswegen sollten solche Schuhe auch so selten wie möglich getragen werden. Also nur bei wichtigen Wettkämpfen und schnellen Trainingseinheiten.
6) Nicht alle Schuhe sind erlaubt
Bei regionalen Volksläufen wird wohl niemand darauf achten, ob die Schuhe offiziell für Wettkämpfe zugelassen sind. Doch es gibt auch einige Laufschuhe mit Carbon-Sohle, die offiziell nicht zu Wettkämpfen zugelassen sind. Denn der Weltleichtathletik-Verband (World Athletics) hat eine maximale Sohlendicke von 40 Millimeter festgelegt. Wer den Vienna City Marathon 2021 genauer verfolgt hat, wird mitbekommen haben, dass der ursprüngliche Sieger nur wenige Minuten nach dem Rennen disqualifiziert wurde. Er hatte nämlich Schuhe mit einer Sohlendicke von 50 Millimetern getragen. Außerdem dürfen beim Wettkampf keine Prototypen getragen werden, sondern nur Modelle, die seit mindestens vier Monaten öffentlich im Handel erhältlich sind. Mehr dazu auch hier: Kurios: Sieger des Wien-Marathons 2021 disqualifiziert
Zusammenfassung: Vorteile und Nachteile von Carbon-Laufschuhe
Vorteile
- Energiesparend
- Bessere Laufleistung
- Verbesserung der Laufökonomie
Nachteile
- Hoher Preis
- Kurze Lebensdauer
- Bessere Laufleistung erst bei hohem Tempo
- Nur für eine kleine Zielgruppe tatsächlich leistungsverbessernd
- Höhere Verletzungsgefahr
- Einige Modelle sind nicht für den Wettkampf zugelassen.
Unser Fazit: Wer ein Tempo von unter vier Minuten pro Kilometer länger laufen kann und genug Budget für Laufschuhe hat, der wird mit hoher Wahrscheinlichkeit seine Laufleistung durch Carbon-Laufschuhe etwas verbessern können. Je niedriger das Leistungsniveau ist, desto geringer sind die Chancen auf einen Vorteil und desto höher ist die Gefahr, dass durch dein Einsatz solcher Schuhe sogar Verletzungen resultieren.
Übersicht aller Carbonschuhe: Alle aktuellen Carbon-Laufschuhe
Kommentare
Paceverbesserung ca. 30 Sek. Hab sie dann aber eher selten ausgeführt und bin auf einmal wieder, auch weil ich fast nur noch im Gelände lief, nur noch mit Minimalschuhen (Five Fingers und NB Minimus Trail) gelaufen, womit ich mir schmerzhafte Achillessehnenprobleme eingehandelt habe, obwohl ich vom Barfuß- und Minimallaufen komme, aber richtig barfuß ist halt doch was anderes und das hab ich gar nicht mehr gemacht.
Dann hab ich überlegt, was ich mache und da die Vaporfly die einzigen Schuhe mit Sprengung sind, die ich habe, hab ich halt nur noch die angezogen - und die Probleme gingen weg und sind auch nicht wiedergekommen.
Momentan laufe ich fast wieder Zeiten wie zu Barfußzeiten, meine VO2Max ist seitdem um 10 Punkte gestiegen.
Vor einigen Wochen habe ich mir noch die New Balance Fuelcell RC Elite V2 gegönnt. Beim ersten Mal damit dachte ich, ich hätte mir lieber ein weiteres Paar Vaporfly kaufen sollen, sie waren mir anfangs etwas zu weich und schwammig. Je öfter ich sie dann gelaufen bin, desto besser wurde es und ich bin darin dann auch schon mal schneller gelaufen als in den Vaporfly, wobei mir auch erst das deutliche Gefühl der Carbonplatte wie in den Vaporfly etwas fehlte.
Beide Schuhe sind unglaublich leicht; da ich ja barfuß/minimal gewohnt war, kann ich auch gar nicht mit Schuhen über 200 g laufen, da ich auch extrem dicke/schwere Waden habe und da stört jedes weitere Gewicht extrem und die Beine ermüden leicht.
Tatsächlich ist das Laufen damit für mich wie barfußlaufen - auch die Daten wie Bodenkontaktzeiten, Schrittlänge und -frequenz sagen das.
Ein normaler Laufschuh ist einfach nur zusätzliches Gewicht ohne "mitzuarbeiten" (wie ein Carbonschuh) und behindert daher meine Performance, stört meine Ökonomie. Da man leider kaum irgendwo durchgängig barfußlaufen kann, ist das ein super Ersatz - endlich Laufschuhe, die nicht behindern. Durch die Technik der Carbonplatte arbeitet der Schuh so weit mit, dass es ähnlich leicht wie barfußlaufen für mich ist.
Außerdem macht es großen Spaß und die Schuhe sehen einfach geil aus.
Was in dem Artikel steht, dass die Achillessehnen übermäßig belastet werden und die Belastung in der Wade steigt, kann ich überhaupt nicht bestätigen. Ich habe nie mehr harte Waden und die Achillessehnenschmerzen sind damit ja weggegangen.
Sorry, Carbonschuhe sind was für Profis oder Läufer, deren Ego einen Schub braucht...